Dieser Artikel wurde in Heft 3/2018 des Themenmagazins publiziert.

Einspeisemanagement–Einfluss -auf-Marktpreise-und-Regelenergie

Einspeisemanagement – Einfluss auf Marktpreise und Regelenergie

UBIMET Geschäftsführer Alexander Lehmann und Dr Constantin Junk

Strukturveränderungen durch den Ausbau Erneuerbarer Energien und immer mehr dezentrale Einspeisungen belasten das Gesamtsystem. Damit steigen die Anforder ungen an die Regelenergiemärkte und die Bedeutung von Flexibilitäten wächst zunehmend. EinsMan-Maßnahmen haben wachsenden Einfluss auf Strompreise und Regelenergie.

Die Experten von UBIMET, dem global führenden Anbieter von meteorologischen Prognosesystemen, Geschäftsführer Alexander Lehmann (re.) und Dr. Constantin Junk (li.) zeigen in ihrem Beitrag den Zusammenhang zwischen EinsMan, Strompreisen und Regelenergie auf.

Bereits in der Ausgabe 4/2017 in themen|:magazin hatten wir die Bedeutung des Einspeisemanagements (EinsMan) in Deutschland benannt. In Fortsetzung dieses Beitrages beleuchten wir quantitative Analysen von UBIMET in Bezug auf EinsMan-Mengen und deren Einfluss auf Strompreise und Regelenergie. Der Umfang und die Häufigkeit von EinsMan-Maßnahmen nehmen in Deutschland beständig zu. Die Analysen von UBIMET weisen auf einen klaren Zusammenhang zwischen EinsMan, Strompreisen und Regelenergie hin.

Zunahme von Einspeisemanagement­Maßnahmen

Nachdem die Bundesnetzagentur eine Ab-nah me des Einspeisemanagements von 4,7 TWh in 2015 auf 3,7 TWh in 2016 veröffent-lichte, was unter anderem auf ein wind-schwaches Jahr 2016 zurückführen ist, zeigen die aktuellsten Zahlen einen neuen Höchst-wert für 2017. In Summe haben Netzbetreiber 5,5 TWh abgeregelt – ein Großteil davon in Schleswig-Holstein (Abbildung 1). Von den Abregelungen betroffen sind vor allem Wind-kraftanlagen, weniger Solaranlagen und Bio-massekraftwerke, was an der Kombination aus installierter Leistung und Standort der Anlagen liegt, sowie der Netztopologie in der betroffenen Region.

Abbildung 1: Energiemengen des Einspeisemanagements in Deutschland und Schleswig-Holstein (SH) von 2009 – 2017.

Dass die Bedeutung von EinsMan trotz des Netzausbaus der Übertragungs- und Verteil-netzbetreiber weiter stark zunimmt, zeigt uch das noch junge Extrem-EinsMan-Event vom 15.-19. März 2018. Zum einen wurde über diesen Zeitraum in Summe eine erhebliche Anzahl an EinsMan-Maßnahmen durch-geführt, zum anderen wurden am 18. März um die Mittagszeit mit 5,9 GW so viele Erneuerbare Energien (EE)-Anlagen abge-schaltet wie noch nie zuvor (Abbildung 2). Ausgehend von der Annahme, dass ein mitt-leres Atomkraftwerk eine Nennleistung von etwa 1.000 MW hat, wurde zu diesem Termin EE-Leistung mit einem Gegenwert von knapp 6 Atomkraftwerken unvermittelt vom Netz genommen, um Netzengpässe zu vermeiden.

Abbildung 2: Einspeisemanagement in Deutschland und Preisdifferenz von ID3- und Day-Ahead-Preis vom 15.-19. März 2018. Bei den Preisen handelt es sich um Daten der EPEX SPOT für Deutschland/Österreich.

Einfluss von EinsMan auf Strompreise

In Abb. 2 ist zudem exemplarisch der unmit-telbare Zusammenhang zwischen EinsMan und Strompreisen dargestellt. Wäh rend am 16.-18. März fast durchgehend mehr als zwei GW EE-Anlagen vom Netz genommen wur-den, konnte man im kontinuierlichen Intra-day-Handel einen deutlichen Preisanstieg ge-genüber der Day-Ahead-Auktion beobachten. Teilweise lag die Preisdifferenz zwischen ID3-Handel und Day-Ahead-Auktion bei über 50 Euro/MWh.

Die Analyse eines längeren Zeitraums zeigt ebenfalls diesen Preisanstieg. Wertet man alle EinsMan-Events größer als 1.000 MW vom Januar 2016 bis zum April 2018 aus, liegt der mittlere Preisspread von ID3 und Day-Ahead bei über 2 Euro/MWh. EE-Abregelungen im Rahmen von EinsMan führen demnach zu sy-stematischen Preis diffe renzen zwischen Spot- und Intraday-Markt.

Aufgrund der bei UBIMET durchgeführten Modellierung des Einspeisemanagements so-wie der Rückmeldungen unserer Kunden, die mehrtägige UBIMET EinsMan-Prognosen* operationell beziehen, ist folgender Erklä-rungs ansatz schlüssig: Einspeise management wird von den meisten EE-Leistungsprognosen, basierend auf statistischen Verfahren, nur un-zureichend abgebildet. Die Folge sind syste-matische Prognosefehler der meisten EE-Portfolios sowie ein kurzfristiger Kauf- bzw. Ver kaufsdruck für die Bilanzkreisverant wort-lichen, welche auch für die Beschaffung der Ersatzenergie verantwortlich sind.

Einfluss von EinsMan auf Regelenergie

Da Bilanzkreisverantwortliche meist nur einen Anteil der durch die Abschaltung fehlenden Energie kurzfristig nachkaufen, kann davon ausgegangen werden, dass der verbleibende, nicht unerhebliche Teil der abgeschalteten Energiemengen, normalerweise durch Kraft-werke als Regelenergie bereitgestellt wird. Darauf weisen zumindest Zeitreihen des Regelzonensaldos im Netzregelverbund hin. Diese geben an, ob die vier Regelzonen in Deutschland über- oder unterdeckt sind und somit positive oder negative Leistung durch Regelenergiekraftwerke bereitgestellt werden musste.

Um die obige Hypothese zu verifizieren, wer-tete UBIMET für das Jahr 2017 aus, ob eine mittlere Zu- oder Abnahme von EinsMan innerhalb von 15 Minuten eine entsprechende Auswirkung auf das Regelzonensaldo hatte. Die Analysen von UBIMET weisen deutlich auf einen positiven Zusammenhang hin (Abb. auf Nachfrage). Eine Zunahme an EinsMan-Maß-nahmen hat demnach zur Folge, dass auch das Regelzonensaldo zunimmt (positiver Regelzonensaldo entspricht einer „Unter-deckung“ der Regelzonen). Umgekehrt nimmt das Regelzonensaldo ab, wenn sich die Anzahl der EinsMan-Maßnahmen verringert.

Insgesamt zeigen unsere neuen Analysen deutlich, dass die Eingriffe der Netzbetreiber im Rahmen des Einspeisemanagements maß-geblichen Einfluss auf das Marktgeschehen haben. Sowohl die Strompreise im Day Ahead als auch Intraday werden nachweislich und signifikant beeinflusst. Zudem gibt es klare Wechselwirkungen zwischen EinsMan und dem Abruf von Regelenergie. Mittelfristig ist mit einer weiteren Zunahme der Beeinflussung innerdeutscher Netzengpässe von Strom- und Regelenergiemärkten zu rechnen. Die Berücksichtigung von Netzrestriktionen für ein erfolgreiches Trading nimmt nach Ansicht von UBIMET beständig zu.

*Die Erfindung, die die Grundlage unserer Lösungen bildet, ist als Gebrauchsmuster (DE 20 2017 100 343.4) geschützt und wurde von UBIMET zudem zum Patent (DE 10 2017 101 265.6, Europäische Patentanmeldung No. 18152474.5 sowie in den USA US Patent Application No. 15/879,326) angemeldet.

Weniger Einspeisemanagement-Maßnahmen im April 2018